Bereits der Münchner Ernährungsphysiologe Prof. Dr. med. Max Rubner (1854-1932) stellte im 19. Jh. in vielen Versuchen fest, dass einige pflanzliche Nahrungsmittel im Darm so gut wie tierische verwertet werden. Da die Nährstoffe in pflanzlichen Nahrungsmitteln in Cellulose enthaltenden Zellwänden eingeschlossen sind, wurde lange Zeit angenommen, dass diese nur schwer von den Verdauungsenzymen angegriffen werden können und deshalb deutlich schlechter als Nährstoffe in tierischen Nahrungsmitteln ausgenutzt werden. Diese plausible, aber experimentell nicht belegte Vorstellung handelte der Rohkost den Ruf der Schwerverdaulichkeit ein. Zahlreiche Studien lieferten aber das Ergebnis, dass eine reine Rohkost-Ernährungenergetisch nicht schlechter als dieselbe Kost in gekochter Form ausgenutzt wird. Es liegen auch Hinweise vor, dass Verdauungsenzyme weitgehend intakte Zellwände durchdringen und Nährstoffe wie Protein, Fett und Kohlenhydrate herausverdauen können. Zudem belegen zahlreiche mikroskopische Untersuchungen, dass beim Kochen der Großteil der Zellwände nicht gesprengt wird. Umfassende Untersuchungen am Menschen haben ergeben, dass rohes Gemüse (z.B. Mohren, Tomaten, Salat, Gurken) den Magen viel schneller verlässt als gekochtes und zudem eine schwächere Salzsäuresekretion hervorruft. Die postulierte Schwerverdaulichkeit roher Nahrung lässt sich ernährungsphysiologisch nicht begründen.
Die Behauptung, dass abends auf einen reichlichen Verzehr von Rohkost verzichtet werden solle, da diese zulange im Darm verweile und infolge von Gärungsprozessen die Leber schädigende Fuselalkohole (z.B. Ethanol, Methanol) entstehen würden, ist rein spekulativ. Diese Theorie der "Selbstvergiftung vom Darm" ("intestinale Autointoxikation") wurde zuletzt zwischen 1900 und 1920 intensiv in der Wissenschaft diskutiert und wird heute nur noch von Mayr-Ärzten vertreten. Es liegt bis heute keine aussagekräftige Untersuchung am Menschen über das Ausmaß der Aufnahme der im Darm entstandenen Fuselalkohole, deren Verstoffwechselung und ihren Einfluss auf die Gesundheit vor.