Mythos "Entgiften und Entsaften"

Manche Begriffe tauchen in der Medizin immer wieder auf, vor allem zu bestimmten Jahreszeiten: Im Frühjahr geht es zum Beispiel häufig um das Abnehmen – der Winterspeck muss weg, schließlich wollen alle gut aussehen in der bevorstehenden Badesaison: Bikini, Badeanzug oder auch Badehose sollen möglichst eng sitzen und dabei nicht kneifen. In diesem Zusammenhang gibt es auch immer wieder Empfehlungen, den Körper zu „entgiften" oder zu „entschlacken". Als Hilfsmittel werden dazu Detox-Produkte angeboten, zumeist teuer und mit wohlklingenden und vielversprechenden Namen. Angeblich kann man sich damit von den Altlasten im Körper befreien, das Ziel ist eine Generalsanierung und Grundreinigung. Nur: Das Ganze funktioniert so nicht.

Zwar ist der zeitweise Verzicht auf Alkohol wohltuend für die Leber, sie kann sich erholen und muss den Giftstoff Ethanol nicht jeden Tag aufs Neue abbauen. Insofern ist die Empfehlung nicht falsch, z. B. in der Fastenzeit, also zwischen Karneval oder Fasching bis Ostern eine Alkoholpause einzulegen. Denn die Leber kann sich relativ rasch regenerieren – natürlich aber vor allem dann, wenn die Alkoholmenge pro Woche während der übrigen Jahreszeit nicht mehr als 100 g pro Woche betragen hat - das bedeutet 2,5 Liter Bier oder 1 Liter Wein bei Männern und die Hälfte bei Frauen. Die Leber bei Frauen baut Alkohol übrigens langsamer ab, daher sollten sie weniger Alkohol als Männer konsumieren.

Völlig unsinnig ist es allerdings, eine grundsätzliche „Entgiftung oder Entschlackung" zu empfehlen. Wir haben keine „Schlacken" im Körper, die hinaustransportiert werden sollten, nachdem sie sich an den Wänden des Darms festgesetzt hätten. Unser Körper produziert ausreichend Verdauungssäfte, die unsere Verdauung regulieren. In einem gesunden menschlichen Körper wird man keine Schlacken oder Ablagerungen von Stoffwechselprodukten finden, die mit besonderen Tees, Detox-Zubereitungen, Wasser- und Kaffeeinläufen oder Pflastern zur „Entgiftung oder Entschlackung" hinaustransportiert werden müssen. Was von unserem Körper nicht verwertbar ist, wird über den Darm und die Nieren ausgeschieden. Es ist also ganz und gar unnötig, den Körper von oben oder unten mit Flüssigkeiten zur "Entgiftung oder Entschlackung" zu traktieren – manchmal gerät dadurch sogar der Elektrolythaushalt in "Unordnung". Zudem gibt es keine seriösen Studien, die irgendeinen Nutzen solcher Maßnahmen zeigen.

Die Vermarktung solcher Mittel funktioniert aber trotzdem - alles klingt gesund, und wer möchte nicht etwas für seine Gesundheit tun. Außerdem hört sich „Ich detoxe gerade!" schick an. Der Fernsehkoch Tim Mälzer hat eine Entgiftungs- und Entschlackungskur als Testperson gemacht – ärztlich kontrolliert. Die Kur hat rund 300 Euro gekostet, die Blutwerte wurden vorher und nachher gemessen: Nichts hatte sich getan, einige wenige gute Werte hatten sich sogar verschlechtert. Dieses Beispiel zeigt, dass vor allem Ihr Portemonnaie „entschlackt" wird, wenn Sie auf solche Produkte setzen. Machen Sie lieber das, was Ihnen das „Länger besser leben.“-Programm der BKK24 empfiehlt: Greifen Sie zu gesunder und abwechslungsreicher Kost aus regionalem Angebot, seien Sie zurückhaltend mit Alkohol und meiden Sie Zigarettenrauch - dann freut sich Ihr Körper, dass er ganz ohne die überflüssigen „Entgiftungs- und Entschlackungskuren" in das Frühjahr starten kann.